20 Jahre EverQuest: Das Online-Rollenspiel feiert Geburtstag (2024)

Wir schreiben das Jahr 1999. Gerade wurde der Euro als Buchgeld in Europa eingeführt, der 1. FC Kaiserslautern ist amtierender Bundesliga-Champion, der Autor dieser Zeilen hat sich eine Karte für Rage Against The Machine gekauft und das Internet ist nicht nur für unsere künftige Kanzlerin noch Neuland. Von Breitband-Internet kann der Privatkunde nur träumen und auch Flatrates sind noch lange nichts Alltägliches. Kein Wunder also, dass das relativ neue Genre der MMO­RPGs, für die man dauerhaft mit dem Internet verbunden sein muss, ein absolutes Nischendasein fristet.

Doch trotz dieser denkbar schlechten (infrastrukturellen) Vorzeichen, trotz eines noch Quelle: Sony Online EntertainmentEine der großen Stärken (oder Schwächen, je nachdem wie man es sieht) von Everquest war, dass der Großteil der Highlevel-Inhalte eine vorher zusammengestellte Gruppe voraussetzte. Dadurch hielt die Community weitaus mehr zusammen, als es heute in den meisten MMORPGs üblich ist. (1)hinzukommenden monatlichen Abonnement-Preises von rund 20 Mark und trotz der relativ niedrigen Erwartungshaltung seitens des Publishers Sony schlug Everquest bei seinem Release im März '99 ein. Am Ende des Jahres hatte die Zahl der aktiven Spieler bereits die des ärgsten Konkurrenten Ultima Online überholt und lag bei rund 230.000, zu Zeiten des Add-ons Planes of Power 2003 meldete man gar knapp 450.000 Spieler. Verglichen mit den Zahlen eines WoW ist das natürlich wenig, für die damalige Zeit mit ihren Voraussetzungen jedoch äußerst beachtlich. Doch was machte Everquest anders? Was war der Grund, dass sich auf einmal eine größere Zielgruppe für ein derart nischiges Genre interessierte?

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  1. 1Ein anderer Ansatz
  2. 2Fordermittel
  3. 3Das Miteinander zählt
  4. 4Gegenwartsbewältigung

Ein anderer Ansatz

Zwei Dinge waren 1999 typisch für ein MMORPG: eine hohe Einstiegshürde und unerbittliches PvP. Ultima Online oder Meridian 59 (das hierzulande übrigens anfangs von Computec gepublished wurde) erforderten jede Menge Einarbeitung und wurden von sogenannten PKs (= player killer) heimgesucht. Die Aussicht, jederzeit von marodierenden Spielern niedergemetzelt zu werden und dabei womöglich sogar noch seine Ausrüstung an die Rabauken zu verlieren, sprach dementsprechend nur eine relativ kleine Klientel an - daran hat sich bis heute nichts geändert.

Everquest jedoch verfolgte einen anderen Ansatz. PvP war nur sehr eingeschränkt möglich und selbst dann mussten beide Parteien dem offenen Kampf irgendwann zugestimmt haben, seine Sachen verlor der unterlegene Spieler dabei auch nicht. Im Vordergrund stand ganz klar der PvE-Aspekt, ganz gleich ob man solo, in einer Gruppe oder gar in einem Raid unterwegs war. Und auch wenn Everquest deutlich härter und unnachgiebiger war Quelle: Sony Online EntertainmentDie Baumkuschel-Ranger liefen erst mit Planes of Power zur Hochform auf. Während der ersten Jahre waren sie trotz des interessanten Hybrid-Konzepts zu beinahe nichts zu gebrauchen.als heutige MMORPGs, fiel der Einstieg für einigermaßen erfahrene Rollenspieler leicht. Die Steuerung war im Handumdrehen erlernt, die Hotbutton-Leisten kamen mit wenigen Knöpfen aus und die Kämpfe selbst waren eher statisch und setzten daher nicht sonderlich flinke Reflexe voraus. Gemessen am heutigen Standard nennt man das wohl gemächlich. Oder langweilig, je nach Standpunkt. Damals jedoch sorgte dieser Umstand dafür, dass viele Spieler, die vorher vom Genre eher abgeschreckt wurden, dem Spiel eine Chance gaben.

Natürlich machte EQ in Sachen Einsteigerfreundlichkeit noch lange nicht alles richtig. Das Tutorial etwa, das den Spieler in die Grundlagen einführen sollte, war zu diesem Zeitpunkt noch nicht direkt in das Spiel integriert. Stattdessen musstet ihr es über eine separate .exe-Datei im Installationsverzeichnis aufrufen. So gut versteckt und zudem mit Bugs und Abstürzen behaftet, nutzte nur ein minimaler Bruchteil der Käufer die Hilfestellung. Erst 2005 implementierte Sony einen zeitgemäßen Tutorial-Dungeon, der direkt nach der Charaktererstellung betreten werden konnte.

Fordermittel

Die geringe Einstiegshürde erklärt natürlich nicht, warum ein Großteil der Community dem Spiel mindestens bis zum Release von World of Warcraft 2005, teilweise aber sogar bis heute die Stange hielt - der Spitzname "Evercrack" kommt ja nicht von irgendwoher. Fragt man heutzutage Everquest-Veteranen, was sie so am Spiel faszinierte, was sie dazu bewegt hat, sich Tag für Tag, Monat für Monat, Jahr für Jahr einzuloggen und im Grunde nur immer wieder dasselbe zu tun und nebenbei noch dafür monatlich zu löhnen, werden die meisten wohl sagen, dass es am hohen Anspruch lag, daran, dass man eben nicht, wie heutzutage oft bei der Konkurrenz üblich, halb abwesend durch einen Dungeon rollen konnte. Quelle: PC GamesDie Waldelfen-Heimat Kelethin im Greater-Faydark-Wald gehört zu den charismatischsten Zonen von Everquest. Auf vielen Servern wurde hier auch der Großteil des Handels abgefertigt.

EQ forderte seine Spieler, überforderte sie aber nicht: Raidbosse oder sogar ganze -Zonen waren so designt (und in seltenen Fällen auch verbuggt), dass es mitunter erst ein Add-on später möglich war, sie zu bezwingen - gelohnt hat es sich aufgrund der wirklich gut designten Item-Spirale dann aber immer noch. Dungeons waren Teil der offenen Welt, respawnende Gegner und sogenannte "Trains" - eine Horde Gegner, die andere Spieler verfolgt - inklusive. Apropos Gegner: Die liefen nicht nur ein paar Meter hinterher, sondern grundsätzlich so lange, bis eine Partei tot war oder man die rettende Zonen-Grenze erreicht hatte. Und wo in anderen Spielen der virtuelle Tod nur eine nebensächliche Nichtigkeit ist, tat er in Everquest richtig weh: Der Charakter verlor Erfahrungspunkte - und somit gegebenenfalls auch einen Level -, die Leiche mit dem ganzen Hab und Gut blieb am Ort des Ablebens liegen und man durfte nackt zusehen, wie man seinen Krempel wiederbeschaffte. Und nur mit Glück und einem passenden Zauberspruch ist das Alter Ego in der Nähe wieder aufgetaucht.

Als Nahkämpfer durfte man meist einen viertel- bis ganzstündigen Gewaltmarsch antreten. Denn: Die Schwertschwinger durften nur in Städten respawnen. Und bis zum dritten bzw. vierten Add-on Planes of Power mit seinen Reisefolianten bestand die einzige Schnellreisemöglichkeit darin, einen Druiden oder Wizard anzuhauen, um zu bestimmten Orten in der Spielwelt transportiert zu werden. Erwischte man keinen der Portalmeister, half nur eines: Beine in die Hand, losjoggen und hoffen, dass man nackt von keinem übereifrigen Vieh angegriffen wird. Was übrigens heute unfassbar nervig klingt, fanden die meisten Leute damals gut. Ein Tod mit derart harschen Konsequenzen sorgte für bedachteres, überlegteres Vorgehen und die langen Laufwege verliehen der Spielwelt ein Gefühl von immenser Größe, das erst nach und nach mit späteren Add-ons und ihren Schnellreisemöglichkeiten nachließ.

Das Miteinander zählt

Würde ein Spieldesigner derartige Design-Ideen heutzutage seinem Chef vorlegen, täte dieser ihn wohl wahlweise auslachen oder feuern. Damals aber sorgte diese raue, feindliche Fantasy-Welt dafür, dass die Community eng zusammenrückte. Grundsätzlich war es so, dass man sich auf einem Quelle: PC GamesSeit der Free2Play-Umstellung verfügt auch Everquest über einen Item-Shop. Dort kauft ihr Starter-Ausrüstung, optische Spielereien oder Housing-Gegenstände genauso wie Charakter-Slots oder -Boosts.Server kannte, dass mehr miteinander geredet wurde, als es heute in MMORPGs üblich ist. Gruppen mussten von Hand zusammengestellt werden, Handel funktionierte auch nur über den Chat und das gemächliche Kampftempo mit seinen vielen Pausen lieferte jede Menge Zeit für Plaudereien. So entstanden im Laufe der Jahre Bekannt- und Freundschaften, die selbst den letzten Log­out überdauerten und in anderen Spielen fortgeführt wurden. Und wer sich nicht benahm, Mitspieler bepöbelte, cheatete oder Gegenstände klaute, landete schneller auf der schwarzen Liste seines Servers, als er "Sorry" tippen konnte. Da der Großteil des Spiels - High-End-Zonen, Dungeons und Raids - nicht für Einzelspieler designt war, verdarben sich Egoisten somit dauerhaft ihren Spaß und ließen den Schmarrn lieber gleich ganz sein.

Das heißt natürlich nicht, dass es in der Community keinen Stress gab. Im Gegenteil: Gerade im Raidbereich war Drama an der Tagesordnung. Erst während des vierten Add-ons implementierten die Entwickler die erste Raidinstanz - als großes Vorbild für Genreprimus WoW und alles, was nach Everquest kam. Vorher standen die Bosse einfach in der offenen Welt herum. Und wenn dann zeitgleich zwei Gilden mit jeweils 90 Mann aufkreuzten und dem Drachen die Hucke vollhauen wollten, war Streit vorprogrammiert - mitunter artete dieser Gildenwettkampf so aus, dass Game Master intervenieren und moderieren mussten.

Gegenwartsbewältigung

Heute allerdings ist Everquest schon lange nicht mehr der Marktführer, sondern eher ein Nischentitel. Viel von seiner anfänglichen Rauheit wich Quelle: PC GamesLegt man sich als Nahkämpfer ohne Mercenary heutzutage mit zu vielen Gegnern an, führt das nach wie vor zum Tod – Everquest ist zwar leichter geworden, aber beileibe nicht zu leicht.modernen Features, die logischerweise der Entwicklung des Genres, der Konkurrenz und auch dem Spielerschwund zuzuschreiben sind. Reisen durch die Spielwelt dauern dank der Reittiere, der bereits erwähnten Folianten und diverser, für jede Klasse freischaltbarer Portal-Zauber und -Gegenstände keine Ewigkeit mehr. Und selbst Klassen wie Rogue oder Berserker, die früher nur mit Müh und Not alleine zurechtkamen, halten heute ordentlich was aus und können dank des Mercenary-Systems mit seinen anheuerbaren Söldnern recht gut solo vorankommen. Mittlerweile ist EQ sogar auf ein Free2Play-Modell umgestellt worden, in dessen Item-Shop ihr Starter-Gegenstände oder einen Charakter-Boost auf Stufe 85 (von 105) erstehen könnt.

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Man könnte also sagen, dass Everquest heute - im zwanzigsten Jahr seines Bestehens und nach dem kürzlich erfolgten Release des 25sten Add-ons (!) - eines von vielen MMORPGs ist, das sich höchstens noch durch seinen Stil, seine Spielwelt und die nach wie vor vergleichsweise geringe Einsteigerfreundlichkeit von der großen Masse der Online-Rollenspiele abgrenzt. Und wahrscheinlich läge man damit auch gar nicht so falsch, denn neue Spieler zieht der Dino kaum noch an, höchstens nostalgisch werdende Veteranen. Doch täte man damit dem Spiel unrecht, denn wie bereits erwähnt, legte EQ den Grundstein für vieles, das heute in Online-Rollenspielen gang und gäbe ist - groß angelegte Raids, Content für kleine Spielergruppen, die Klassenrollen von Tank, Heiler plus DD et cetera. Und diese tragende Rolle kann Everquest heute keiner mehr nehmen.

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